Das Bild Vogelhölle wurde 1938 von Max Beckmann gemalt, einem herausragenden deutschen Porträtisten und Grafiker, der zu den größten Meistern der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts zählt.
Um Beckmanns Werk zu verstehen, ist es notwendig, einige Fakten aus seinem Leben zu nennen. Beckmann war an Mystik und Theosophie interessiert. 1933 wurde er von den Nazibehörden vom Lehramt in Stadel suspendiert, sie entfernten mehr als 500 seiner Gemälde aus deutschen Museen und stuften sein Werk als entartete Kunst ein.
Der Künstler und seine Frau zogen nach Amsterdam, aber die Nazis ließen ihn nicht in Ruhe: 1944 entging er nur knapp der Mobilisierung und erlitt einen Herzinfarkt. All dies führte ihn zu einem tragischen expressionistischen Stil und zu einem tiefen Pessimismus. Darüber hinaus entwickelte Beckmann die Tradition der figurativen Malerei und belebte das Genre des mittelalterlichen Triptychons wieder. Stil und Methode seiner Kompositionen sind in der Bildsprache der mittelalterlichen Glasmalerei verwurzelt.
Apropos Vogelhölle: Das Bild zeigt phosphorgelbe und blaue Vögel, die Menschen quälen, die erschrocken die Hände hochwerfen und den Mund aufreißen. Dies ist die Folterszene: Ein Vogel fliegt mit einem Messer über einen aufgeschlitzten Mann.
Rechts liegt eine Zeitung auf dem Boden – vielleicht las der Mann gerade über die faschistischen Schrecken, als sie plötzlich in seinem Haus auftauchten. Die vom Adler gehorteten Goldmünzen sind ein Symbol für den monopolistischen Kapitalismus, der unter dem Deckmantel des Patriotismus das Ziel von Hitler und seinen Anhängern war.
All dies befindet sich jedoch am Rande der Leinwand, und in der Mitte schlüpft der ominöse Vogel, ein Symbol der Mutter Erde mit mehreren Brüsten und Hitlergruß, aus dem Ei. Dahinter warten arische Jungfrauen auf die Nazi-Königin. Es scheint eine Manifestation des Todes zu sein, die einen noch größeren Albtraum vorhersagt.
Man kann nur raten: Sind es Mythos-Harpyien oder Nazi-Sturmtruppen? Sind es die elenden Bedingungen des gesellschaftlichen Lebens oder das unterdrückte Unterbewusstsein des Künstlers? Realität und Traum vermischen sich auf faszinierende Weise. Beckman hat oft geschwiegen, anstatt auf solche Fragen zu antworten. “Der Künstler zeichnet und redet nicht”, “das Leben ist ein Schmerz jeder Art – körperlich und geistig”, das sind die Worte des Künstlers (Roberts 681).
Laut der Encyclopedia of Comparative Iconography: Themes Depicted in Works of Art (Themen, die in Kunstwerken dargestellt werden), zeigt Bird’s Hell “einen surrealistischen Stil, der an Hieronymus Boschs Darstellung der Hölle in The Garden of Earthly Delights erinnert” (Roberts 681). Der Autor stellt jedoch fest, dass diese kafkaesken Tobsuchtsanfälle (eine Anspielung auf Kafkas Erzählung “In der Strafkolonie”) “eine menschliche Schöpfung und somit ein menschliches Problem” sind (Roberts 681).
Zweifelsohne ist Bird’s Hell eine Allegorie auf das faschistische Regime. Es ist ein markerschütternder Schrei, der wie eine Messerklinge in das menschliche Bewusstsein eindringt. Das Bild steht für Kriegsgräuel, Tod und Gewalt gegen die menschliche Natur. Bird’s Hell ist mehr als ein Spiegelbild von Raum und Zeit, denn es dringt in Ort und Zeit ein, um zu verstehen, was sich hinter dem Ereignis verbirgt.
Abschließend ist zu betonen, dass Beckmanns Gemälde und Zeichnungen in bedeutenden Museen auf der ganzen Welt vertreten sind. Seine retrospektiven Ausstellungen fanden im Museum of Modern Art (MoMA) in New York, im Centre Pompidou in Paris, in der Tate Gallery in London, in der Eremitage (2007-2008), in Italien, Spanien und den Niederlanden statt. Experten vergleichen seine Werke mit denen von Brueghel, Grunewald, Rembrandt und Van Gogh.
Zitierte Werke
Roberts, Helene E. Enzyklopädie der vergleichenden Ikonographie: Themes Depicted in Works of Art. 3th ed. New York: Routledge, 2013. Drucken.