Seit dem Industriezeitalter dominiert in der Betriebswirtschaftslehre die Vorstellung von der Organisation als einer ewigen Einheit. Die modernen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Tendenzen führten jedoch zu einer zunehmenden Zahl von zeitlich begrenzten Projekten und Organisationen und machten eine umfassende theoretische Grundlage erforderlich. Mit dem Ziel, einen Rahmen für das Verständnis der Besonderheiten temporärer Organisationen zu schaffen, haben Lundin und Söderholm die Idee einer handlungsbasierten Theorie, vier Grundkonzepte für die Abgrenzung von Organisationen sowie Sequenzierungskonzepte entwickelt.
Die Aktion wurde als der vorherrschende Faktor bei der Erfassung des Wesens zeitlich befristeter Organisationen hervorgehoben, im Gegensatz zu der Vorstellung, dass die Entscheidungsfindung die Hauptdeterminante ist. Die Forscher behaupteten, dass Entscheidungen nicht immer zu Handlungen führen; im Gegenteil, Entscheidungen sind die Folge von Handlungen. Es wurde festgestellt, dass die Hauptquelle der Motivation in der Wirtschaft die Notwendigkeit zu handeln ist. Daher sollte die neue Theorie den Schwerpunkt auf die Art der Handlung und ihre Aspekte legen.
Darüber hinaus stellen die Forscher vier Konzepte zur Definition von Handlungsfeldern und zur Abgrenzung einer temporären Organisation vor. Nach Lunden und Sömerholm kann eine temporäre Organisation anhand von Zeit, Aufgabe, Team und Übergang beschrieben werden. Im Gegensatz dazu wird eine permanente Organisation eher durch ihre Ziele (anstelle von Aufgaben), das Überleben (anstelle von Zeit), die Arbeitsorganisation (anstelle des Teams) und die nachhaltige Entwicklung (anstelle des Übergangs) erklärt. Die genannten Begriffe grenzen jedoch nur Handlungen ab, geben aber keine detaillierte Auskunft darüber, was sie beinhalten.
Lunden und Sömerholm verwenden vier Sequenzierungskonzepte zur Beschreibung von Maßnahmen; jedes steht für eine Phase bei der Durchführung eines zeitlich begrenzten Projekts oder einer Organisation. In der unternehmerischen Phase ist es entscheidend, die treibende Kraft für die Unternehmensgründung bereitzustellen. Im weiteren Verlauf sind Zeitspannen, Aufgaben und Beendigungskriterien zu spezifizieren, worauf die Aufgabenerfüllung und die rechtzeitige Auflösung einer temporären Organisation folgen. Die Autoren argumentieren, dass die Möglichkeit einer Unterbrechung in jeder Phase die Gültigkeit der Konzepte nicht in Frage stellt.
Lunden und Sömerholm haben sich bemüht, das Phänomen der temporären Organisationen in seiner Gesamtheit zu erfassen und den Anstoß für weitere Analysen zu geben. In Zukunft könnte man erfolgreiche temporäre Organisationen und die Maßnahmen untersuchen, die sie ergriffen haben, um alle Sequenzierungsphasen zu durchlaufen. Im Gegensatz dazu kann es sinnvoll sein, stagnierende Organisationen zu untersuchen, denn das Interesse, warum die Pläne gescheitert sind, ist ebenso berechtigt.
Referenzliste
Lundin, RA & Söderholm, A 1995, ‘A theory of the temporary organization’, Scandinavian Journal of Management, vol. 11, no. 4, pp. 437-455.