Bislang haben viele Kommunikationswissenschaftler das Konzept der Kommunikation vom Standpunkt der Traditionen aus untersucht, die den Kontext als grundlegende Komponente für ein optimales Verständnis der Bedeutung jedes kommunikativen Verhaltens betrachten (Romero-Trillo & Maguire, 2011). Der vorliegende Beitrag beleuchtet die Kontexte, die jedem Kommunikationsvorgang seine Bedeutung verleihen.
Der Begriff “Kontext” wurde von Bosco et al. (2004) definiert als “…eine Reihe von Faktoren, die dazu beitragen, die von einem Sprecher in einem kommunikativen Austausch beabsichtigte Bedeutung zu rekonstruieren” (S. 467).
Ein Großteil der vorhandenen Literatur (z. B. Berger 2005; Hargie, 2010) zeigt, dass der Kern jedes kommunikativen Verhaltens die zwischen Menschen geteilten Bedeutungen sind, da wir nicht nur Worte austauschen, wenn wir kommunizieren, sondern immer versuchen zu verstehen, wofür die Worte und Verhaltensweisen des anderen stehen, was sie repräsentieren oder implizieren.
In Anlehnung an diese Beschreibung argumentieren Bosco et al. (2004), dass bekannte kontextuelle Faktoren ins Spiel kommen, um Individuen in einem kommunikativen Austausch bei der Rekonstruktion von Bedeutung zu unterstützen.
Der erste Kontextfaktor, der erörtert werden soll, ist das Muster. Die verfügbare Literatur zeigt, dass Menschen nur dann in der Lage sind, in einem kommunikativen Austausch Bedeutung zu teilen, wenn ihre Kommunikation ein Muster aufweist, das auf erkennbaren, sich wiederholenden und wiederholbaren Elementen beruht (Romero-Trillo & Maguire, 2011).
Die Muster des kommunikativen Austauschs, an die Menschen gewöhnt sind und die sie mit anderen in ihren sozialen Interaktionen teilen, erleichtern es ihnen, sich auf neue, aber verwandte Weise zu verhalten und neue Verhaltensformen zu verstehen (Leeds-Hurwitz, 1989). Ein gemustertes Verhalten, wie z. B. eine kommunikative Instanz, impliziert nach diesem Autor, dass es nicht nur von Regeln und Prinzipien geleitet wird, sondern auch vorhersehbar, beobachtbar und analysierbar ist.
Bei der Frage “Magst du Wein?”, die eine Frau ihrem Freund stellt, kann der Freund beispielsweise durch den Kontextfaktor des Musters dazu gebracht werden, unterschiedlich zu antworten, je nachdem, wie er die kommunikative Absicht seiner Freundin versteht. Wenn das Paar getrunken hat, könnte der Freund mit “Ja, bitte” antworten.
Wenn sich das Paar jedoch gerade erst kennengelernt hat, könnte der Freund antworten: “Ich trinke zu jeder Mahlzeit ein Glas Wein”. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass Kommunikation ein Verhaltensmuster ist, da es die geordneten Formen von Antworten zeigt, die der Freund je nach der gemeinsamen Bedeutung des kommunikativen Austauschs geben kann.
Der zweite kontextuelle Faktor ist die Organisation, die besagt, dass es standardisierte und bekannte Vorgehensweisen gibt, die Menschen, die an zwischenmenschlicher Kommunikation beteiligt sind, jedes Mal befolgen müssen, wenn sie kommunizieren wollen, wenn sie erwarten, dass sie die Bedeutung ihrer Kommunikation erkennen (Berger, 2005).
Nach Hargie (2010) bringt die Organisation Ordnung in den Kommunikationsprozess und trägt so dazu bei, dass die Akteure in einer kommunikativen Instanz von der Internalisierung der Bedeutung profitieren. Ein einfaches Beispiel ist, dass es für einen Chinesen ohne formale Ausbildung in Englisch praktisch unmöglich wäre, mit einem Engländer ohne formale Ausbildung in der chinesischen Sprache zu kommunizieren.
Dieses Beispiel zeigt, dass der Engländer und der Chinese standardisierte und bekannte Wege einschlagen müssen (in der Sprache des jeweils anderen trainieren), wenn sie sich verständigen wollen.
Der dritte kontextuelle Faktor betrifft die Regeln. Es ist klar, dass jede Kommunikation von Regeln geleitet wird, obwohl Menschen lernen, mit anderen kommunikativ zu interagieren, ohne notwendigerweise in der Lage zu sein, die Regeln oder Prinzipien zu nennen, die ihre Interaktion leiten (Romero-Trillo & Maguire, 2011).
Dies bedeutet, dass die Regeln und Prinzipien, die unsere Kommunikation mit anderen leiten, unterhalb unserer Bewusstseinsebene wirken, da sie nicht immer einer bewussten Absicht unterliegen (Leeds-Hurwitz, 1989). Dieser Autor führt das Konzept des praktischen Bewusstseins ein, das das Wissen darüber impliziert, wie Individuen mit anderen angemessen kommunizieren, indem sie die Regeln nutzen, die sie kennen, die sie aber nicht im praktischen Sinne verbalisieren sollen.
Leeds-Hurwitz (1989) führt auch das Konzept des stillschweigenden Wissens ein, um zu zeigen, wie viel von unserem Wissen über kommunikative Interaktion 1) während des Kommunikationsprozesses unausgesprochen bleibt, 2) dem Bewusstsein der Kommunikatoren verborgen bleibt und 3) im Hintergrund bleibt, während Menschen interagieren und kommunizieren.
In meinen Gesprächen mit Freunden (siehe Anhang) hörte ich, wie eine begeisterte Fußballanhängerin ihrem männlichen Freund sagte, dass die “Rentner” das Spiel mit drei Toren Vorsprung gewinnen würden. Der männliche Kollege widersprach dieser Behauptung und sagte, die “Citizens” würden das Spiel mit zwei Toren Vorsprung gewinnen. Obwohl wir am selben Tisch saßen, konnte ich mich nicht an der Diskussion beteiligen, da ich nur wusste, dass das Spiel zwischen den Fußballvereinen “Chelsea” und “Manchester City” stattfand.
Die beiden begeisterten Fußballfans waren jedoch in der Lage, miteinander zu kommunizieren und Bedeutungen zu identifizieren, da sie einige Regeln teilten, die ihre Kommunikation leiteten, aber sie waren nicht verpflichtet, diese Regeln auszudrücken, d. h. ihnen direkten diskursiven Ausdruck zu verleihen (Leeds-Hurwitz, 1989).
Der letzte kontextuelle Faktor bezieht sich auf die beobachtbare Natur der kommunikativen Interaktion, die besagt, dass Individuen lernen können, soziales Handeln – bewusst und genau – zu beobachten, um die zugrunde liegenden Muster zu beschreiben (Leeds-Hurwitz, 1989). Dieser Faktor bezieht sich größtenteils auf die nicht-kommunikativen Hinweise, die von den Menschen gebildet werden, wenn sie in Kommunikation sind.
Die vorhandene Literatur zeigt, dass Verhalten so beobachtet werden kann, wie es in der alltäglichen Welt und in realen Situationen natürlich vorkommt (Romero-Trillo & Maguire, 2011). Wenn man beispielsweise eine Bar besucht, kann man die nonverbalen Hinweise der meisten weiblichen Gäste beobachten, um die zugrundeliegenden Verhaltensmuster zu beschreiben, ohne unbedingt mit den Personen zu kommunizieren.
Bestimmte Bewegungen und Körperhaltungen, anhaltender Augenkontakt, ein sexy Gesichtsausdruck und eine aussagekräftige Körpersprache reichen beispielsweise aus, um einem männlichen Kunden zu vermitteln, dass er es mit einer Sexarbeiterin zu tun haben könnte.
Referenzen
Berger, C.R. (2005). Zwischenmenschliche Kommunikation: Theoretische Perspektiven, Zukunftsaussichten. Zeitschrift für Kommunikation, 55(5), 415-447.
Bosco, F.M., Bucciarelli, M., & Bara, B.G. (2004). Die grundlegenden Kontextkategorien zum Verständnis der kommunikativen Absicht. Journal of Pragmatics, 36(3), 467-488.
Hargie, O. (2010). Kompetente zwischenmenschliche Kommunikation: Forschung, Theorie und Praxis. Oxford: Taylor & Francis.
Leeds-Hurwitz, W. (1989). Kommunikation im Alltagsleben: Eine soziale Interpretation. Norwood, NJ: Ablex Publishing Corporation.
Romero-Trillo, J., & Maguire, L. (2011). Adaptiver Kontext: The fourth element of meaning. International Review of Pragmatics, 3(2), 228-241.