Die Ätiologie der Sucht: Modelle und Theorien Essay

Words: 982
Topic: Drogen- und Alkoholsucht

Einführung

Die Ätiologie der Sucht setzt die Untersuchung und das Verständnis ihrer Wurzeln und Ursprünge voraus, die den Verlauf ihrer Entwicklung beeinflussen (NIAAA, 2006). Darüber hinaus bestimmen die Studien zur Ätiologie die mögliche Behandlungsstrategie (DiClemente, 2006). Im Laufe der Geschichte der Suchtforschung wurden viele verschiedene Modelle und Theorien vorgeschlagen, aber es gibt allgemeine Muster für ihre Entwicklung, die in der vorliegenden Arbeit aufgezeigt werden sollen.

Modelle der persönlichen Verantwortung

Modelle der persönlichen Verantwortung bringen die Ätiologie der Sucht mit den süchtigen Menschen und ihren Fehlern in Verbindung. Diese Idee gehört zu den ältesten in der Geschichte der wissenschaftlichen Erforschung der Ätiologie der Sucht (Miller, 2013, S. 271). Sie erschien vor der wissenschaftlichen Erforschung des Themas selbst, was sich beispielsweise in den religiösen Texten der abrahamitischen Religionen widerspiegelt. Bei diesem Modell ist die Prävention mit erzieherischen und gesetzlichen Maßnahmen verbunden; die Behandlung setzt soziale Sanktionen und Reue voraus. Ein Beispiel für ein solches Modell ist der 12-Schritte-Ansatz, der 1935 entstand und die Notwendigkeit des “spirituellen Erwachens” der Süchtigen betonte (Miller, Forcehimes, & Zweben, 2011, S. 24).

Agentenmodelle machen die süchtig machende Substanz verantwortlich, und die verschiedenen “trockenen Gesetze” (z. B. die US-Prohibition) und Verbote von Drogen gehen auf diese Theorie zurück. Um die Sucht zu verhindern, versucht die Gesellschaft in diesem Fall, die Droge loszuwerden, und die entsprechenden Maßnahmen sind gesetzgeberischer Natur.

Dispositionelle Modelle gehen davon aus, dass ein Süchtiger eine Veranlagung zur Sucht hat, die er nicht kontrollieren kann. Im Gegensatz zu den Modellen der persönlichen Verantwortung wird bei den dispositionellen Modellen der süchtigen Person daher keine Schuld zugewiesen. Ein Beispiel dafür ist das Krankheitsmodell, bei dem die Süchtigen als “konstitutionell anders als andere” betrachtet werden (Miller et al., 2011, S. 25). Dispositionelle Theorien trugen wesentlich zum wissenschaftlichen Verständnis der Ätiologie von Sucht bei. Sie betonten nämlich die genetischen Risikofaktoren und die Veränderungen, die ständiger Substanzmissbrauch im Gehirn verursacht. Vor allem aber führten diese Modelle einen humanen Ansatz für die Behandlung ein.

Mit der Anhäufung von wissenschaftlichen Erkenntnissen wurde eine umfassendere Sichtweise der Ätiologie der Sucht eingeführt (Miller et al., 2011, S. 26). Der Einfluss der Gesellschaft wurde durch soziale Lernmodelle anerkannt, die die Sucht mit den Erfahrungen einer Person in Verbindung brachten. Dazu gehörten die Reaktion auf das soziale Umfeld und die Befolgung der beobachteten Modelle. So wurde beispielsweise nachgewiesen, dass ein höheres Maß an familiärem Zusammenhalt in Verbindung mit sozialer Kontrolle das Risiko einer Suchtentwicklung verringert, während mangelnde elterliche Aufmerksamkeit und negative Vorbilder das Risiko erhöhen (Jadidi & Nakhaee, 2014). Zu den Präventions- und Behandlungsvorschlägen gehören in diesem Fall die soziale Unterstützung mit besonderem Augenmerk auf Hochrisikofällen, die Interaktion mit der Familie sowie kognitiv-behaviorale Bewältigungsstrategien (Miller et al., 2011, S. 26).

Ein umfassenderer Ansatz wird als soziokulturelles Modell bezeichnet; es kombiniert die zuvor erwähnten sozialen Faktoren mit kulturellen Faktoren, da beide zu Wechselwirkungen neigen (Jadidi & Nakhaee, 2014, S. 4). Die Kultur des Substanzkonsums wird als Teil bestimmter Gruppen betrachtet, z. B. von College-Bruderschaften. Darüber hinaus kann diese Kultur beispielsweise durch die Medien unterstützt werden (Miller et al., 2011). Dieses Modell verweist erneut auf die Notwendigkeit, rechtlich abgesicherte Maßnahmen zum Drogenkonsum einzuführen.

Perspektive der öffentlichen Gesundheit

In Anbetracht der Tendenz, den Umfang der vermuteten ätiologischen Faktoren zu erweitern, ist es nicht überraschend, dass ein allumfassendes Modell vorgeschlagen wurde: die Perspektive der öffentlichen Gesundheit. Dieser Ansatz setzt die Analyse aller genannten Faktoren voraus, die als Wirt, Erreger und Umwelt bezeichnet wurden. Darüber hinaus berücksichtigen die Modelle die Wechselwirkungen zwischen den Faktoren (Miller et al., 2011, S. 26). Zu den verschiedenen Eigenschaften von Medikamenten gehören zum Beispiel das Suchtpotenzial oder toxische Nebenwirkungen. Aufnahmefaktoren wie die Familiengeschichte oder die psychologische Selbstregulierung sind ebenfalls von Bedeutung. Das Umfeld umfasst rechtliche, wirtschaftliche und normative Aspekte, die sich, wie oben gezeigt wurde, unterschiedlich auf die Suchtentwicklung auswirken können.

Mehrere Kombinationen der genannten Faktoren haben in der Regel unterschiedliche Auswirkungen; so kann beispielsweise ein Jugendlicher, der mit der Kultur des Drogenmissbrauchs in Berührung kommt, durch ausreichende elterliche Kontrolle und Verständnis geschützt werden (Jadidi & Nakhaee, 2014, S. 5). Wenn also entsprechende Maßnahmen auf einen der drei Aspekte abzielen, ist eine Verbesserung der allgemeinen öffentlichen Gesundheit zu erwarten. Ein Beispiel für eine solche Modellentwicklung ist die Schadensminderungsstrategie, die die Beseitigung der Sucht als etwas Unmögliches beschreibt und darauf abzielt, ihre schädlichen Folgen zu mildern (Horvath, Misra, Epner, Cooper, & Zupanick, 2015, Abs. 3). Das Ziel kann z. B. durch ein Fahrverbot für alkoholisierte Fahrer erreicht werden.

Die Rolle der Vererbung

Stammbaum-, Zwillings- und Adoptionsstudien haben gezeigt, dass Vererbung und Genetik bei der Entwicklung einer Sucht, z. B. nach Alkohol, durchaus eine Rolle spielen (NIAAA, 2006). Darüber hinaus wird angenommen, dass auch verschiedene Aspekte des Temperaments einer Person vererbt werden und die Veranlagung zur Sucht beeinflussen können (Miller et al., 2011, S. 27). Gleichzeitig ist die genetische Veranlagung keine Garantie für die Entwicklung von Sucht; es ist das Zusammenspiel von Wirts- und Umweltfaktoren, das die Vererbung von Sucht ermöglicht. Mit anderen Worten: Die Vererbung spielt eine wichtige Rolle, aber es ist das Zusammenspiel der Faktoren, das zur Entwicklung der Sucht führt.

Persönliche Ansicht

Meiner persönlichen Meinung nach ist das umfassende Modell das attraktivste, da es keinen der genannten Faktoren außer Acht lässt. Wie die obigen Beispiele zeigen, sind es nicht genau die Faktoren, die eine Suchtentwicklung ermöglichen, sondern ihr Zusammenspiel. Die Faktoren können sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken oder abschwächen, und dies ist der Hauptgrund für die Notwendigkeit eines umfassenden Ansatzes.

Referenzen

DiClemente, C. (2006). Sucht und Veränderung. New York, NY: Guilford Press.

Horvath, A. T., Misra, K., Epner, A. K., Cooper, G. M., & Zupanick, C. E. (2015). Public Health Model of Addiction and Recovery Implications. Web.

Jadidi, N., & Nakhaee, N. (2014). Ätiologie des Drogenmissbrauchs: A Narrative Analysis. Journal of Addiction, 2014, 1-6. Web.

Miller, P. (2013). Principles of addiction. Amsterdam: Elsevier Science.

Miller, W., Forcehimes, A., & Zweben, A. (2011). Behandlung von Suchtkrankheiten. New York, NY: Guilford Press.

NIAAA. (2006). Ätiologie und natürlicher Verlauf des Alkoholismus. Web.